Die Gründungszeit 1828
1828
Die Anfänge der Freien Evangelischen Gemeinde Bern gehen auf die Erweckung zurück, die anfangs des 19. Jahrhunderts in Genf ihren Ausgang hatte. Die Vorläuferin der FEG Bern, die Eglise de Dieu, wurde im September 1828 zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. In den im Staatsarchiv Bern aufbewahrten Akten der Eglise de Dieu lesen wir: «Actes de l’Eglise de Dieu qui s’assemble chez Mad. de Blonay à Berne, Berne Septembre 1828».
1829
Zu der anfänglich aus 12 Mitgliedern bestehenden Versammlung kommen im Februar 1829 weitere Personen dazu. Doch einigen liberalen Pfarrern der Stadt Bern waren die Umtriebe der «Frommen» nicht genehm. Sie veranlassten den Rat des Staates Bern gegen diese Versammlung vorzugehen. Aufgrund dieser Anklage werden ab Ende März 1829 alle Mitglieder einem Verhör unterzogen. In dieser Situation bewirbt sich Carl von Rodt um die Mitgliedschaft. Am 26. Mai stellt er das Aufnahmegesuch und bereits 5 Tage später wird er in die Gemeinschaft aufgenommen. Doch bereits am 1. Juni 1829 wurden die 21 Dissidenten aus der Stadt gewiesen. 11 ausserkantonale Bürger müssen den Kanton innerhalb eines Monates verlassen, 6 hiesige Kantonsangehörige werden in ihre Burgergemeinden abgeschoben und 4 adelige Frauen bevormundet. Carl von Rodt wird als Burger des Standes Bern ebenfalls ausgewiesen.
«Bärehöflikapelle» an der Inselgasse, in der Nähe des heutigen Bundesplatzes
Carl von Rodt
(1805 – 1861)
Gründungsurkunde der
Eglise de Dieu
1831
Am 3. Oktober 1831 wird seine Verbannung noch von der alten Regierung aufgehoben, die kurze Zeit später (20. 10. 1831) abgelöst wird. Die neue Regierung teilt Carl von Rodt mit, «er könne nun zurückkommen und Pfarrer von ein paar alten Frauen sein».
1832
Am 28. Januar 1832 wird auch das Verbannungsurteil der anderen Dissidenten aufgehoben. Die Eglise de Dieu fiel nach dem brutalen Eingriff der Berner Behörde von 1829 nicht ganz auseinander. Einige Mitglieder tauchten in den Untergrund ab, und Victoire de Blonay hielt sich nicht an den verordneten Hausarrest. Überall hielt sie kleinere Versammlungen ab, die ihren Vormund und ihre Eltern zur Verzweiflung führten.
1833
1833 übernimmt Carl von Rodt die Leitung der Gemeinde von Pfarrer Ronget, der ab 1831 die wieder zugelassene Vereinigung der Gläubigen führte. Die charismatische Persönlichkeit von Carl von Rodt trug viel dazu bei, dass die Mitgliederzahl rasch anstieg. Aber von Rodt wollte keine genauen Mitgliederzahlen veröffentlichen. «Wir fürchteten uns, in Davids Sünde zu fallen, als er sich in der Volkszählung spiegelte oder in der Versuchung Hiskias, als er seine Schätze den Gesandten des Königs von Babylon zeigte. Es ist wahr, dass unsere Schätze und Zahlen die Welt eher zum Lächeln reizen, aber die Eitelkeit kann sich an alles hängen, und wir bitten den Herrn, uns davor zu bewahren» (aus: Rechnungsbericht von Carl v. Rodt, 1858).
1861
1861 bezog die Gemeinde in der Inselgasse die von Bernhard von Wattenwil auf eigene Kosten errichtete Kapelle, die über 400 Personen Platz bot. Im Herbst desselben Jahres starb Carl v. Rodt. In der Folge übernahm Wilhelm Iselin die Gemeinde und ab 1875 Arnold Bovet und Albert Lindenmeyer ab 1877.
Wilhelm Iselin
(1821 – 1882)
Pfr. Arnold Bovet
(1843 – 1903)
Pfr. Albert Lindenmeyer
(1838 – 1915)
1885
Wegen theologischen und persönlichen Differenzen trennte sich 1885 die Gemeinde in einen deutschen und französischen Teil. Beide Gemeinden teilten sich jedoch weiterhin die gleiche Kapelle. Die französische Gemeinde hielt am Morgen ihren Gottesdienst ab, die deutsche am Nachmittag.
1890
1890 gab es nochmals eine Trennung. Diesmal betraf es nur die deutsche Gemeinde. Ein Teil versammelte sich daraufhin in der Kramgasse.
1897
Durch die Enteignung der Kapelle an der Inselgasse (Erweiterung des Bundeshauses) konnten die Gemeinden 1897 an der Zeughausgasse 35 ihre jetzige Kapelle beziehen. Als Neuerung wird der deutsche Gottesdienst auf den Morgen verlegt. Ab 8.45 Uhr im Sommer und 9 Uhr im Winter versammelt sich zuerst die deutschsprechende Gemeinde und um 10.15 Uhr die französischsprechende.
1911
Unter W. Meili kam es 1911 wieder zum Zusammenschluss der beiden deutschen Gemeinden. Meili empfand es als unpassend, dass die Gemeinde sich in einer Kapelle traf, die nicht Eigentum der Gemeinde ist und eröffnete ein Sammelkonto zum Erwerb der Kapelle in der Zeughausgasse. In späteren Berichten wird das Konto nicht mehr erwähnt. Es ist anzunehmen, dass die Absicht von Meili keinen Anklang fand. Aber Meili hatte nicht Unrecht. In der Tat, das Benützungsrecht der Kapelle an der Zeughausgasse, das in den Statuten der Aktiengesellschaft des Evangelischen Vereinhauses festgehalten ist, hat immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt. Manches Gutachten wurde verfasst, mancher Brief und manche Sitzung hatte als Thema das Traktandum: Benutzungsrecht. Erst 1997 konnten die beiden Gemeinden die Kapelle von der Vereinshaus AG käuflich erwerben und so einen Schlussstrich unter diese unrühmliche Angelegenheit setzen. Fotos und architektonische Informationen zur Kapelle der FEG Bern finden Sie hier.
Pfr. Franz Schlachter
(1859 – 1911)
Pfr. Wilhelm Meili
(1854 – 1928)
Pfr. Heinrich Kurz
(1928 – 1947)
Ab 1876 ist ein Kirchenbuch vorhanden, das uns bis zum heutigen Tag Einblick in die kirchlichen Handlungen (Kasualien), wie Geburten, Taufen, Segnungen von Kindern, Unterrichtsabschluss (Konfirmation), Hochzeiten und Todesfälle von Gemeindegliedern gibt. Ein separates Mitgliederbuch verzeichnet namentlich die einzelnen Mitglieder. 20 hauptamtliche Prediger und Pfarrer begleiteten über kürzere oder längere Zeit die Freie Evangelische Gemeinde. Jeder prägte sie auf seine Art mit.
Von 1828 bis 1943 waren Frauen in der Gemeindeleitung. Seit dem Jahr 2000 sind sie wiederum in der Gemeindeleitung vertreten. 1879 feierte die Gemeinde das 50jährige Bestehen. Genau genommen feierte sie das Andenken an die Aufnahme von Carl von Rodt in die Berner «Eglise de Dieu». Darum wurden in der Folge die weiteren Jubiläen 1929 und 1979 gefeiert. Spätestens 1979 wusste die damals amtierende Gemeindeleitung, dass die Jahrzahl der Gründung der Gemeinde nicht stimmt. Sie unterliess aber eine Berichtigung des «Geburtsdatum».